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Aktuelles-Beitrag vom

F&E Patent

Product-by-process Ansprüche im Bereich der Biotechnologie

Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes nimmt zur Gewährbarkeit von Produkt by Process Ansprüchen im Bereich der Biotechnologie Stellung.

Product-by-Process Ansprüche im Hinblick auf „Biopatente“

Die Entscheidung G2/07, G1/08 der Großen Beschwerdekammer des EPA spezifiziert im Wesentlichen biologische Verfahren. Vorausgegangen waren Einspruchsverfahren vor der technischen Beschwerdekammer in bezug auf Patente zur Herstellung von trocknungsresistenten Tomaten (T 1242/06) bzw. Brokkoli mit erhöhten Glukosinolatgehalt (T 83/05). In Anlehnung an ältere Entscheidungen der technischen Beschwerdekammer zur Auslegung des Patentierungsausschlusses nach Art. 53(b) EPÜ (T 320/87, T 356/93) sind auch nach Auffassung der Großen Beschwerdekammer nicht-mikrobiologische Züchtungsverfahren aus Schritten der sexuellen Kreuzung gesamter Pflanzengenome und nachfolgenden Auswahlschritten als im Wesentlichen biologische Verfahren nicht patentierbar. Ein technischer Schritt, der an sich ein Merkmal in das Genom einbringt oder verändert, das nicht aus dem Ergebnis der genetischen Durchmischung durch die Kreuzung resultiert kann jedoch Patentierbarkeit des Verfahrens begründen. Ein lediglich Kreuzung oder Selektion unterstützender technischer Schritt begründet hingegen keine Patentierbarkeit nach Art. 53(b) EPÜ.

Von der Großen Beschwerdekammer ungeklärt bleibt, ob Product-by-Process Ansprüche auf Tiere/Pflanzen als Erzeugnisse aus im Wesentlichen biologischer Verfahren zulässig sein können/sollten. Hierzu bestehen in Deutschland große Bedenken seitens der Öffentlichkeit bzw. auch des Gesetzgebers: in seiner Stellungnahme weist der Beirat für Biodiversität und Genetische Ressourcen beim BMELV u. a. darauf hin, dass ein ungelöstes Spannungsverhältnis zwischen dem Patentierungsausschluss für im Wesentlichen biologische Verfahren und der Gewährung von Product-by-Process Ansprüchen bestünde, deren wesentliches Merkmal ein im Wesentlichen biologisches Verfahren ist. Bei derzeitiger Product-by-Process Schutzrechtsauslegung sei so ein Monopols auf das Erzeugnis Pflanze möglich, was eine der erfinderischer Tätigkeit angemessene Innovationsprämie überschreite.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass weiterhin Klärungsbedarf bezüglich der Gewährbarkeit von Product-by-Process Ansprüchen im biotechnologischen Bereich zu gesehen wird und ein großes Interesse der Allgemeinheit zu dieser Thematik existiert. Im Vorfeld zu ihrer Entscheidung G2/07, G1/08 gingen von mehr als 180 Personen/Vereinigungen amicus curiae Eingaben in dieser Sache beim EPA ein.

Die zurückverwiesenen Entscheidungen vor der Technischen Beschwerdekammer zu den Brokkoli (T 83/05) bzw. Tomate (T 1242/06)-Fällen steht derzeit noch aus und es bleibt fraglich inwieweit die oben genannten Befürchtungen, eine Monopolstellung durch die Gewährung von sog. „Pflanzenpatenten“ sei vor dem EPA bis in die letzte Instanz möglich, sich tatsächlich bewahrheiten sollten.

Dr. Simone Pajonk